Die Transformation und Entwicklung von Regionen und Wirtschaftsstandorten zu langfristiger Wettbewerbsfähigkeit, Innovationsfähigkeit und struktureller Resilienz ist eine der zentralen Herausforderungen dieser Zeit. Zunehmender globaler Wettbewerb, geopolitische Unsicherheiten, ökologische Veränderungen, demografischer Wandel und technologische Sprünge verändern die Spielregeln —insbesondere für Standorte in Westeuropa— grundlegend.
Doch wie können sich Regionen auf dem neuen Spielfeld im zunehmenden globalen Wettbewerb behaupten und zukunftsfähig gestaltet werden?
Um Regionen aktiv zukunftsfähig zu gestalten, handlungsfähig zu bleiben und Entwicklungen nicht dem Zufall zu überlassen, ist es sinnvoll, zielgerichtete Standortstrategien zu entwickeln und umzusetzen. Basierend auf den Erfahrungen erfolgreicher Standorte sind dabei drei wesentliche Aspekte bzw. Schritte zu beachten, um frühzeitig die Weichen für eine positive Entwicklung zu stellen:
- Ehrlicher analytischer Blick auf den Standort bzgl. seiner Struktur, des Branchenmix und der Wettbewerbsfähigkeit wie z.B. Ersetzbarkeit und Konkurrenzfähigkeit von Produkten (Ökosystemanalyse)
- Identifizieren von Zukunftsfeldern und zukünftig relevanten Wachstumsmärkten auf Basis der Kompetenzen und Strukturen am Standort (Smart Specialisation)
- Gezielte wirtschaftspolitische Förderung von Zukunftsfeldern mit individuellen Maßnahmen gestützt auf einer starken Kooperation zwischen Unternehmen, öffentlichem Sektor, Bildungs- und Forschungseinrichtungen (Triple Helix)
Wir fokussieren uns im Folgenden auf eine beispielhafte Maßnahme zur Umsetzung der Strategie innerhalb der gezielten Förderung von Zukunftsfeldern. In diesem Kontext nehmen High Impact Investments eine Schlüsselrolle ein: Investitionen, die nicht nur auf kurzfristige Wirkung und Rendite abzielen, sondern gezielt langfristige ökonomische Wirkungen entfalten, die positiv auf das gesamte Ökosystem wirken und im Idealfall auch einen ökologischen und sozioökonomischen Mehrwert generieren. Diese können dabei sowohl von ansässigen Bestandsunternehmen als auch durch (ausländische) Direktinvestitionen neu anzusiedelnder Unternehmen getätigt werden.
Was versteht man unter High Impact Investments?
Unter Impact Investments verstehen wir im Kontext von Wirtschaftsförderung und Regionalentwicklung Investitionen und Projekte, die eine langfristig positive Wirkung am Standort entfalten. Dies kann in Form der Förderung technologischer Innovation, der Stärkung regionaler Wertschöpfung sowie der Schaffung qualitativ hochwertiger Arbeitsplätze in Zukunftsbranchen geschehen. Beispielhafte Branchen für Impact Investitionen mit entsprechenden Wachstumspotenzialen können Umwelttechnologien, Medizintechnik und Pharma oder Digitalisierungstechnologien sein, wobei letztere die Effizienz von Produktionsaktivitäten steigern können. Zur Messung der Wirkung von Investitionen sind dabei diverse Ansätze möglich. Kenngrößen können hier ökonomische Kennzahlen wie regionale Wertschöpfung inkl. Gehälter und Steuereinnahmen oder Beschäftigungseffekte, aber auch Zuliefer- und Kundenbeziehungen, Innovationseffekte wie Patente oder innovative Produkte, sowie Nachhaltigkeitswirkungen (gemessen an den Sustainable Development Goals der Vereinten Nationen) sein.
Im Gegensatz zu den in vielen Regionen und Kommunen zumeist noch verfolgten wirtschaftsförderlichen Zielen, wo lediglich neu geschaffene Arbeitsplätze im Vordergrund stehen, ist dies ein umfassenderer Ansatz, da die langfristige Entwicklung der Region oder des Standorts auch im Sinne zukunftsfähiger Beschäftigung im Vordergrund steht. Hier bedarf es eines Bewusstseins bei Entscheidungsträgern für die Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit des Ansatzes, aber auch eines politisch getragenen Konsens zur langfristigen strategischen Positionierung. Eine Chance kann hier der Gewerbeflächenmangel in vielen Regionen darstellen, der den Ansatz stützt, die knappen Flächenressourcen möglichst qualitativ hochwertig zu nutzen.
Kurzum, High Impact Investments richten sich auf Projekte und Unternehmen, die über reine Kapitalrendite hinaus einen Mehrwert für Standorte schaffen. Im Gegensatz zu klassischen Investments steht neben dem „Return on Investment“ auch der Return on Impact im Fokus.
Beitrag zur Transformation von Wirtschaftsstandorten
1. Förderung von Innovation und Technologie
Durch gezielte Kapitalzuflüsse in Start-ups und mittelständische Unternehmen oder durch Investitionen neuer Unternehmen am Standort können High Impact Investments die Entwicklung von Zukunftstechnologien beschleunigen – von erneuerbaren Energien über Kreislaufwirtschaft bis hin zur Künstlichen Intelligenz. Wirtschaftsstandorte, an denen in solche Innovationen investiert wird, sichern sich langfristig Wettbewerbsfähigkeit.
2. Nachhaltige Infrastruktur aufbauen
Investitionen in erneuerbare Energien, energieeffiziente Gebäude oder nachhaltige Verkehrssysteme machen Standorte fit für die Zukunft. Sie reduzieren Abhängigkeiten von fossilen Ressourcen, verbessern die ökologische Bilanz und erhöhen die Attraktivität für Unternehmen, Fachkräfte und Investoren.
3. Regionale Resilienz stärken
High Impact Investments schaffen nicht nur Jobs, sondern sorgen für eine Diversifizierung der lokalen Ökonomie. Sie können beispielsweise eine Lücke in vorhandenen Wertschöpfungsketten schließen und so wiederum weitere positive Effekte hervorrufen. Ein Beispiel wäre die Ansiedlung eines Batterietechnikfertigungsunternehmens in einer Region, das dort ansässige Automotive-Zulieferunternehmen beliefern kann und im Idealfall Kunde von regionalen Batteriekomponentenherstellern sein kann. Hierbei werden lokale Wertschöpfungsketten gefördert, was die Unabhängigkeit und Stabilität erhöht. An dieser Stelle ist darauf zu achten, sich als Region nicht zu stark auf einzelne Branchensegmente zu verlassen, um widerstandsfähiger gegenüber Krisen zu werden.
4. Soziale Wirkung entfalten
Ökonomische Transformation erfordert auch gesellschaftliche Teilhabe und gezielten Kompetenzaufbau. Investitionen in Bildung, Weiterbildung und soziale Infrastrukturen unterstützen die Menschen in der Region dabei, neue Qualifikationen aufzubauen und Teil der Transformation zu sein. So kann im Idealfall auf bereits bestehenden Kompetenzen in einer Region aufgebaut werden. Beispielsweise sind in einer gewachsenen Industrieregion bereits Kompetenzen im Bereich der Materialverarbeitung oder Produktion vorhanden, auf die aufgebaut werden kann und die durch neue Kompetenzen (z.B. digitale Produktionssteuerung) ergänzt werden. So wird zum einen großflächige Unterbeschäftigung verhindert und zum anderen werden neue Kompetenzen für moderne Arbeitsweisen z.B. Produktionsmethoden geschaffen, die die Menschen in einer Region zu begehrten Fachkräften machen. Eine gelungene Transformation beinhaltet dabei im Idealfall eine Weiterentwicklung von Beschäftigten und Standorten auf Basis bestehender Kompetenzen.
Erfolgsfaktoren für High Impact Investments
Damit Investments tatsächlich transformationsfördernd wirken, braucht es:
Vernetzung und Kooperation: High Impact Investments nutzen die Schnittstellen zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft und bündeln öffentliche und private Kapitalströme für maximale lokale und regionale Wirkung.
Messbarkeit und Transparenz: Fortlaufende Wirkungsanalysen, z. B. ökonomische Effekte wie Wertschöpfung oder Patentanzahl sowie Nachhaltigkeitswirkung durch internationale Standards wie SDGs oder IRIS+, erhöhen die Glaubwürdigkeit und ermöglichen gezielte Steuerung der regionalen Entwicklung.
Langfristige Perspektive: Zukunftsfähige Transformation braucht Ausdauer und kontinuierliche Weiterentwicklung – High Impact Investments sind darauf ausgerichtet, über mehrere Jahre nachhaltige Struktur- und Innovationseffekte zu erzielen.
Anpassungsfähigkeit an lokale Gegebenheiten: Jede Region und jeder Standort verfügt über ein einzigartiges Ökosystem und eigene Standortbedingungen, um maßgeschneiderte Lösungen zu ermöglichen.
Gezielte Wirtschaftsförderung: Durch gezielte Unterstützung von ansässigen Unternehmen in Zukunftsfeldern und die strategische Akquise von Neuansiedlungen kann das bestehende Ökosystem weiterentwickelt werden. Eine Verknüpfung von Wirtschaftsentwicklung die Bestandspflege, aber auch strategische Neuansiedlung bzw. Investitionsförderung zusammenführt, ist dabei entscheidend. Hier können strategische Ansiedlungskonzepte und die Positionierung der Region und die Herausarbeitung der Vorteile für investierende Unternehmen eine wichtige Unterstützung leisten. In der Investitionsförderung spricht man in diesem Kontext auch vom „Wert anstelle von Volumen Ansatz“ (value instead of volume), der insbesondere die positive Wirkung von Unternehmen auf Standorte anstelle vom reinen Investitionsvolumen hervorhebt. So entstehen durch gezielte Förderung und Vernetzung von Start-ups und Skalierungsunternehmen z.B. in den Bereichen KI, GreenTech und Digital Health Innovations-Ökosysteme mit hoher Wertschöpfung. Initiativen wie beispielsweise Brainport in der Region Eindhoven zeigen dabei, wie eine Zusammenarbeit und die Vernetzung von Wissenschaft, Wirtschaft und Kapital, lokale Zukunftsbranchen unterstützen kann.
Beispiel Brainport Eindhoven
In den 1990er Jahren war die Region um das niederländische Eindhoven durch massiven Stellenabbau beim Elektronikhersteller Philips und Lastkraftwagenunternehmen DAF betroffen. Statt Einzelmaßnahmen setzten Unternehmen, Behörden und Wissenschaft konsequent auf Kooperation. Die sogenannte Triple Helix —das strategische Zusammenspiel von Hochschule, Industrie und öffentlicher Hand— wurde institutionalisiert (Gründung der Brainport Foundation 2005). Wissenstransfer, gemeinsame Forschung und Innovationsförderung standen im Mittelpunkt. So entstand eine offene Innovationskultur, die den Wandel von traditioneller Fertigung auf Basis vorhandener Kompetenzen zu wissensintensiven Hightech Technologien und IT ermöglichte. Ein Beispiel ist die Entwicklung der Fotolithographie als Belichtungsverfahren für die Halbleitertechnik —genutzt durch das Unternehmen ASML— basierend auf den Lichttechnik-Kompetenzen von Philips. Die Ausrichtung und die Kompetenzentwicklung der Region innerhalb der Halbleiterindustrie führte zur weiteren Ansiedlung global erfolgreicher Unternehmen wie z.B. des Lasertechnologieexperten Trumpf oder des Halbleiterherstellers Intel, welche wiederum eine positive Wirkung und Dynamik auf das regionale Ökosystem entfalten.
Ergebnisse: Hightech-Region mit globaler Strahlkraft
Heute zählt Brainport Eindhoven zu den intelligentesten Regionen weltweit und ist ein Motor für das niederländische Wirtschaftswachstum. Die Region wird als Vorbild für erfolgreiche regionale Transformation und kluge Innovationspolitik angesehen: Mit mehr als 5.000 Tech-Unternehmen, internationalen Talenten und einer offenen Innovationskultur ist die Region ein Best-Practice-Beispiel für Krisenbewältigung und nachhaltigen Strukturwandel.
Ausblick
High Impact Investments sind ein Hebel zur langfristigen Neuausrichtung und -belebung ganzer Regionen. Sie verbinden ökonomische Stärke idealerweise mit ökologischem Mehrwehrt und fördern durch gezielte Kompetenzentwicklung langfristige Beschäftigung. Regionen und Standorte, die heute durch eine strategische Ausrichtung zukunftsorientierte, wirkungsstarke Technologien und Unternehmen gezielt fördern, gestalten nicht nur die Transformation von Wirtschaftsstandorten aktiv mit, sondern sichern auch langfristig Wohlstand und Lebensqualität. Unsere Beraterinnen und Berater unterstützen Standorte und Organisationen dabei mit praxisgerichteten Strategien und Begleitung bei der Umsetzung.
Weitere Informationen Brainport Eindhoven
Brainport Eindhoven: Home of Pioneers (Link)
Bronneberg, M., Pieterse, J., & Post, G. (2023): Brainport Eindhoven: born from crisis-25 years as a Triple Helix Governed Ecosystem. Journal of Innovation Management, 11(1), 36-67.